Nur A ‐ Z oder A und Ω !
von Pfarrer Wahl
Ein Konfirmand fragt mich, was die Buchstaben auf meinem Schal im Gottesdienst bedeuten. Ich antwortete, dass man den Schal „Stola“ nennt, die ich über meinen „Talar“ trage. Auf der grünen Stola, die nach Pfingsten bis Advent getragen wird, stehen die Buchstaben A und Ω. Sie stammen aus dem griechischen Alphabet. Dort sind sie der erste und der letzte Buchstabe. Sie symbolisieren die Glaubensüberzeugung, dass Gott der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende (Off 21,13) der Schöpfung sei. Oder wie es im Buch der Offenbarung nach Johannes 1,8 ausgedrückt wird: „Ich bin das A und das Ω, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ Am Ende (November) und am Anfang (Dezember) des Kirchenjahrs wird diese Überzeugung in Erinnerung gerufen. Ende November stehen im letzten Gottesdienst im Kirchenjahr die Verstorbenen und die Trauer über den Abschied im Mittelpunkt. Wir können die Anfänge eines Lebens rekonstruieren und erinnern uns an die letzten Erfahrungen. Das A‐Z eines Lebens. Für viele ist das ein Wechselbad der Gefühle. Fragen kommen in den Sinn wie: „Wo ist Gott und wo bin ich“. Ein Schwanken zwischen Ja oder Nein. Leichter Aufwind und wieder totaler Abfall. Und dann noch in diesem Jahr Corona … . Bleibt es bei unserem Addieren des A‐Z eines Lebens? Oder ist unsere Sicht eingebunden in Gottes A und Ω? Kommt da noch was? Ich glaube, dass Gott nicht nur Anfang und Ende aller Schöpfung ist. Gott kam in die Welt, ist da und kommt auf uns zu. Wir zünden am letzten Sonntag im Kirchenjahr für jeden Verstorbenen eine Kerze an. Es ist ein Zeichen, dass wir alle nicht nur auf das weltliche A‐Z bezogen sind, sondern dass wir in Gottes A und Ω, sein Anfang und Ende, eingewoben sind. Mit dem Kerzenlicht setzen wir ein Licht gegen die Dunkelheit und stärken die geglaubte Wirklichkeit und Hoffnung, dass Gott da ist, da war und kommt.
Der Advent erinnert an das Kommen Gottes in die Welt. Erst einmal unspektakulär und leise in einfachen Verhältnissen – das Kind in der Krippe. Kein pompöser Anfang. Gott kommt dazwischen. Zwischen den Weltmächten und Palästen. Zwischen den Zeiten in der Weltgeschichte. Der da war, der da ist, kommt zu den Gefallenen, den Mühseligen und Beladenen. Er will sie aufrichten und ins Gleichgewicht führen. Er schafft nichts Neues mit Gewalt. All solche Versuche sind katastrophal gescheitert. Gott will uns mit seiner Liebe überzeugen und anstecken, seinen Spuren zu folgen.
Gott ist dazwischen.
Dein A und Ω.
Der dich getragen und begleitet hat.
Zwischen den Einflüssen der Welt und deinen Entscheidungen.
Schau dazwischen.
Auf den Anfang, den du nicht geschaffen hast.
Und auf das Ende, dem du nicht entkommen wirst.
Gott ist dazwischen.
Und kann dir Ungeahntes und Neues öffnen.
Dein A und Ω.