Die Ev. TelefonSeelsorge Frankfurt am Main
von Dipl.-Psych. Silvia Ehlert, hauptamtliche Mitarbeiterin der Ev. Telefonseelsorge Frankfurt am Main
1956 wurde in Berlin die erste deutsche Telefonseelsorge-Stelle gegründet. Seit 1966 gibt es die
Evangelische TelefonSeelsorge in Frankfurt am Main. Viele glauben, die TelefonSeelsorge berate nur suizidgefährdete Anrufer. Tatsächlich nannte sich die erste Telefonberatung auch noch „Ärztliche Lebensmüdenbetreuung“. Doch bereits ein Jahr später einigte man sich auf den heutigen Organisationsnamen „TelefonSeelsorge“.
Neben Suizidgedanken sind es heute eher auch andere Krisen, welche Ratsuchende dazu bringen, die Nummer der TelefonSeelsorge zu wählen. Krisen können in jeder Lebensphase auftreten: Probleme mit der Partnerin oder dem Partner, Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz, Arbeitsplatzverlust, Sucht, Krankheit, Einsamkeit oder Sinn- und spirituelle Krisen. Solche Ereignisse und Verletzungen bringen Menschen oftmals an ihre Grenzen.
Niemand, der anruft, wird nach seinem Namen gefragt. Die Anrufe bleiben anonym. Die Rufnummer der Anrufenden erscheint nicht im Display. Da das Telefonat gebührenfrei ist, wird es später nicht in einem Einzel-Verbindungsnachweis zur Telefonrechnung aufgeführt. Niemand kann der Telefonrechnung entnehmen, dass Sie bei der TelefonSeelsorge angerufen haben. So bleibt ein Anruf auch im Umfeld der Ratsuchenden verborgen.
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht, so dass alle Anliegen vertraulich behandelt werden. Die evangelische TelefonSeelsorge Frankfurt ist Tag und Nacht erreichbar, auch an Wochenenden und Feiertagen.
Ob alt oder jung, ob Berufstätiger, Hausfrau, Auszubildende oder Rentner, ob evangelisch, katholisch, Angehörige einer anderen Glaubensgemeinschaft oder ohne Kirchenzugehörigkeit – die evangelische TelefonSeelsorge Frankfurt ist für jeden da. Sie ist offen für alle Problembereiche, für alle Anrufenden in ihrer jeweiligen Situation. Die Anrufenden werden weder konfessionell noch politisch noch ideologisch beeinflusst. Für die Ratsuchenden entstehen keine Kosten.
In Jahre 2013 hat die ev. TelefonSeelsorge Frankfurt mit mehr als 15.000 Menschen Gespräche geführt. Die häufigsten Themen waren das körperliche und seelische Befinden, Depression, Alltags- und familiäre Beziehungen, Ängste, Einsamkeit und Isolation, Stress, Ärger und Aggression.
Wer sitzt am anderen Ende der Leitung?
Unsere rund 60 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen aus allen Berufen und Altersgruppen. Sie sind z.B. Hausfrau, Bankangestellter, Lehrerin, Rentner, Krankenschwester oder Sekretärin und sind zwischen 35 und 70 Jahre alt. Es sind meistens Frauen und weniger Männer. Sie werden sorgfältig ausgewählt, ein Jahr lang ausgebildet, erhalten danach regelmäßig Fortbildungen und werden durch regelmäßige Supervision begleitet. So können die Ehrenamtlichen nach ihrem Dienst nach Hause gehen, ohne die oftmals belastenden Gespräche mit zu nehmen.
Was motiviert die TelefonSeelsorgerInnen?
Lassen wir die Kolleginnen und Kollegen selbst zu Wort kommen:
„Vor vielen Jahren hatte ich während einer Ehekrise in großer Verzweiflung die Telefonseelsorge angerufen und dort soviel Trost und Ermutigung bekommen, dass ich gut alleine zurechtkam. Diese Erfahrung habe ich nie vergessen und so war es für mich ein großes Bedürfnis, später anderen Menschen zu helfen, die in Not sind.
Als ich die Entscheidung traf in Vorruhestand zu gehen, habe ich mich bei der Telefonseelsorge als ehrenamtliche Mitarbeiterin beworben.
In der Ausbildung habe ich das nötige Handwerk gelernt und Unterstützung durch erfahrene Kolleginnen erhalten. Es macht mir jetzt – nach 3 Jahren - immer wieder Freude, durch aktives Zuhören andere Menschen zu begleiten. Die regelmäßige Supervision und Fortbildungen ermutigen mich und außerdem habe ich einen neuen sympathischen Kollegenkreis gefunden.“
„Anfangs dachte ich, etwas Selbstloses machen zu wollen, für Andere da sein -- ein Ehrenamt. Dann bemerkte ich, dass ich sehr viel bei dieser Tätigkeit zurückbekomme, das mir im Alltag hilft: einen Weg finden, um mit dem Anderen in Kontakt zu treten, zuhören, Gefühle wahrnehmen, Selbsterfahrung. Und jetzt? Jetzt ist es nicht mehr ganz so selbstlos.“
Wie hilft TelefonSeelsorge?
Vorab: die Telefonseelsorge kann keine Probleme lösen.
Es gibt viele verschiedene Hilfewünsche der Anrufenden, die sich manchmal erst im Laufe des Gesprächs herausstellen: manche wünschen sich Kontakt, menschliche Nähe, Zuwendung, Beruhigung und Anstoß zu neuem Lebensmut. Oder einfach einen Menschen, der ihnen mal richtig zuhört und sich für sie interessiert, nachfragt und Wertschätzung äußert. Manchmal kann ein Ziel sein, die eigenen Stärken und Ressourcen wieder bewusst und zugänglich zu machen, um sich selbst helfen zu können. Durch das Gespräch kann sich ein Chaos im Kopf klären und sortieren. TelefonSeelsorge kann auch, wenn gewünscht, auf weitere, spezielle Hilfsangebote verweisen und ist Gesprächspartner, wenn es um die Sinnfrage geht, die Frage nach Gott und seiner Gerechtigkeit.
Im Februar 2014
Dipl.-Psych. Silvia Ehlert, hauptamtliche Mitarbeiterin der Ev. Telefonseelsorge Frankfurt am Main