Das Turm-Team packt an
von Matthias PierenNach der Millionensanierung erstrahlt die ev. Laurentiuskirche von außen wie von innen in neuem Glanz. Der Turm des Usinger Wahrzeichens wurde bereits vor zehn Jahren saniert. Jetzt kümmern sich einige Männer darum, dass dieser bei den beliebten Turmführungen mehr zur Geltung kommt. Gäbe es ein Tourismus-Konzept der Stadt, würden diese gewiss einen festen Platz darin haben. Der Blick aus der Türmerwohnung unter der mit Schiefer eingedeckten, barocken Haube ist gleich in doppelter Hinsicht einer der Höhepunkte, die Usingen zu bieten hat.
Einst wohnte und arbeitete hier oben mit Paul Rospach (1628/1629) einer der insgesamt 17 urkundlich überlieferten Türmer. Heute ist Michael Roßbach eines der fünf Mitglieder des Usinger Turm-Teams, die immer wieder im Turminnern nach dem Rechten schauen. Mit Eimer, Handfeger und Kehrblech bewaffnet ist Roßbach gestern wieder einmal in die in rund 45 Meter Höhe gelegene Türmerwohnung hinaufgestapft. Im Laufe der Sommerwochen haben sich Tausende Fliegen nach hier oben verirrt - aber nicht mehr den Weg hinaus gefunden. Die toten Fliegen liegen zuhauf auf den Simsen der Fenster, von denen man in alle Himmelsrichtungen einen so schönen Ausblick hat. „Wenn am Tag des offenen Denkmals wieder Besuchergruppen hier hoch geführt werden, dann soll es doch einladend sein“, sagt Michael Roßbach und kehrt die Fliegen zusammen. „Die Laurentiuskirche ist nicht nur das Usinger Wahrzeichen, sie liegt mir einfach am Herzen. Auch der Turm sollte doch einladend und gepflegt sein.“
So kommt es, dass er sich nicht nur als Mitglied des Kirchenvorstandes um das gesamte Gemeindeleben kümmert. Zusammen mit Paul-Gerhard Buhlmann, Michael Werner Buske, Heinz Meine und Günter Zill trifft er sich regelmäßig am und im Turm. Aufgaben haben sie dabei mehr als genug.
„Mir ist es eine Herzensangelegenheit, die historischen Dinge im Turm zu erhalten“, sagt Paul-Gerhard Buhlmann vom Bauausschuss der Kirchengemeinde. „Einer der verborgenen Schätze im Turm ist ein Göpel, ein mittelalterliches Hebewerkzeug. Damit wurden einst schwere Lasten beim Kirchbau den Turm hinaufgezogen.“
Eine besondere Beziehung hat Heinz Meine zur alten Kirchturmuhr, die auf einem Zwischengeschoss in einer Glasvitrine ausgestellt ist. Gemeinsam mit Dieter Stamminger hatte er das alte Uhrwerk nicht nur restauriert, sondern auch zum Laufen gebracht. „Doch weil die Uhr am Turm der Laurentiuskirche natürlich immer die korrekte Uhrzeit anzeigen soll, ist längst eine funkge- steuerte Uhr eingebaut“, sagt Günter Zill vom Bauausschuss.
Aufschlussreich ist auch eine weitere Zwischenetage, in der eine Fotoausstellung einen Blick in das Dachgestühl des Kirchenschiffs ermöglicht, das nicht zugänglich ist. Das Turm-Team hat sich auch darum gekümmert, dass die Fensterschächte zum Inneren mit Brettern abgedichtet wurden.
Durch die in den Brettern angebrachten Gucklöcher lassen sich wunderbar die Turmfalken beim Brüten und bei der Aufzucht des Nachwuchses beobachten. Besonders imposant ist auch der Glockenstuhl mit den vier freischwingenden Glocken. Freilich ist dieser beim Geläut nicht zugänglich.
Sehr wohl aber kann es passieren, dass man sich gerade dann im Glockenstuhl aufhält, wenn der Hammer der großen Glocke die Viertelstunden schlägt. Bereits dieser volle Klang hat es in sich und lässt Gäste zusammenzucken. Durch die beim Schwingen der Glocken frei werdenden Kräfte kann es immer wieder sein, dass aus der Stärkung an der Decke Lehmbrocken herausfallen. Michael Roßbach hat den auf dem Boden liegenden Dreck beim Abstieg geschwind in seinen Eimer gekehrt. Am übernächsten Sonntag soll es hier schließlich sauber sein.