
Geschichte der Evangelische Laurentiuskirche
(von Helmut Fritz)
Das Kloster Fulda nennt bereits im 9. Jh. gestiftete Ländereien im frühen „Osinga“ sein Eigen. Im 11. Jh. lag eine einfache Hofgruppe südöstlich der heutigen Usinger Altstadt. Dazu gehörte ein kleiner Friedhof mit einer bescheidenen Kirche, die 1207 erstmals urkundlich erwähnt wird.
Ab dem 14. Jh. erhob sich in der neuen, nordwestlichen Ansiedlung „Usungen“, auf einem nach Südwesten vorspringenden Felssporn, eine kleine (romanische?) Steinkirche mit dem Patrozinium des heiligen Laurentius. In ihr finden wir bereits fünf Altäre mit zehn Heiligenverehrungen genannt. 1518 wurde an gleicher Stelle der Neubau einer größeren, spätgotischen Messkirche eingeweiht, mit dreiseitigem Chor nach Osten und fünfgeschossigem (bereits 1495 vollendeten) wehrhaftem Kirchturm im Westen.
Mit dem Einzug der Reformation in Usingen ab 1527 wurde die Stadtkirche evangelisch. Während des 30-jährigen Krieges brannten 1635 mit der Stadt auch Kirche und Turm teilweise ab. Der Wiederaufbau erfolgte bis circa 1657. Das Kircheninnere wurde dabei neu ausgestattet mit Taufstein, Altar, Kanzel Orgel und Opferstock, der Turm erhielt ein neues Geläut. Usingens Funktion als Residenz des Hauses Nassau-Usingen im 17. und 18. Jh. führte zur Errichtung mehrerer Fürstengruften im Kirchenbauwerk.
Umfangreiche Kirchen- und Turmrenovierungen erfolgten im 19. und 20. Jh. Besonders 2006/07 musste eine sehr aufwändige, kostenintensive Turmsanierung durchgeführt werden.
(von Helmut Fritz)
Das Kloster Fulda nennt bereits im 9. Jh. gestiftete Ländereien im frühen „Osinga“ sein Eigen. Im 11. Jh. lag eine einfache Hofgruppe südöstlich der heutigen Usinger Altstadt. Dazu gehörte ein kleiner Friedhof mit einer bescheidenen Kirche, die 1207 erstmals urkundlich erwähnt wird.
Ab dem 14. Jh. erhob sich in der neuen, nordwestlichen Ansiedlung „Usungen“, auf einem nach Südwesten vorspringenden Felssporn, eine kleine (romanische?) Steinkirche mit dem Patrozinium des heiligen Laurentius. In ihr finden wir bereits fünf Altäre mit zehn Heiligenverehrungen genannt. 1518 wurde an gleicher Stelle der Neubau einer größeren, spätgotischen Messkirche eingeweiht, mit dreiseitigem Chor nach Osten und fünfgeschossigem (bereits 1495 vollendeten) wehrhaftem Kirchturm im Westen.
Mit dem Einzug der Reformation in Usingen ab 1527 wurde die Stadtkirche evangelisch. Während des 30-jährigen Krieges brannten 1635 mit der Stadt auch Kirche und Turm teilweise ab. Der Wiederaufbau erfolgte bis circa 1657. Das Kircheninnere wurde dabei neu ausgestattet mit Taufstein, Altar, Kanzel Orgel und Opferstock, der Turm erhielt ein neues Geläut. Usingens Funktion als Residenz des Hauses Nassau-Usingen im 17. und 18. Jh. führte zur Errichtung mehrerer Fürstengruften im Kirchenbauwerk.
Umfangreiche Kirchen- und Turmrenovierungen erfolgten im 19. und 20. Jh. Besonders 2006/07 musste eine sehr aufwändige, kostenintensive Turmsanierung durchgeführt werden.
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![]() Es ist auch sicher richtig anzunehmen, dass USINGEN bereits als kleiner Flecken zur Zeit Karls des Großen existiert hat. Im sogenannten „Codex Eberhardi“, einer Abschrift des Urkundenbuches des Klosters FULDA aus dem 12. Jh., werden Stiftungen von Ländereien in „Oasunge, Osinga, Osanga, Osungen, Otsingen“ an das besagte Kloster genannt. Dabei hat der abschreibende Mönch Eberhardi einen (allerdings bis vor kurzem angezweifelten) Zeitrahmen zwischen 750 und 802 zugrunde gelegt. Aus dem 11. Jh. haben wir gesicherte Hinweise, dass eine kleine Hofgruppe (vielleicht schon ein einfaches Dorf?) südöstlich der heutigen Usinger Altstadt lag und zwar am orographisch rechten Rand des Tales, durch das der „Stockheimer Bach“ fließt, in der jetzigen Flur „Auf der Beund“. Als erste Bestätigung der Zeitangaben Eberhardis wurden an dieser Stelle bei gezielten Grabungen im Jahr 2002, neben den Resten eines germanischen (!) Grubenhauses, steinerne Kellerreste gefunden, die zu einem karolingischen Hof gehörten. Als zusätzlicher Beleg mag die Tatsache dienen, dass dort noch 1521 die Flurbezeichnung "Grundgasse“ gebräuchlich war. Ein sich in westlicher Richtung an diese frühe Siedlung anschließendes Gewann „Am alten Kirchhof“ bezeichnet die Lage des zugehörigen Friedhofes und die Bezeichnung „Kirchhof“ ist selbst als Hinweis auf das Vorhandensein einer kleinen, wohl sehr einfachen Kirche (aus Holz?) zu verstehen. Sie gehörte wahrscheinlich zur Pfarrei der gleichzeitigen Kirche des wüst gefallenen Dorfes Holzburg bei Kransberg, die ihrerseits im 11. Jh. ein Sprengel der Großpfarrei des Klosters Johannisberg beim heutigen Bad Nauheim war. (Anm. Angeblich wurden zu Beginn des 20. Jh. auf dem Gelände „Am alten Kirchhof“ die Grundmauern einer kleinen Kirche freigelegt, aber leider nicht gesichert!) Im gleichen Jahrhundert bestand eine weitere Hofstelle westlich der heutigen Stadt, die Wasserburg „Stockheim“, ebenfalls mit einer einfachen Kirche, die aber sehr wahrscheinlich zum Kirchenbesitz von Weilburg gehörte. [Eine früher getroffene Annahme, wonach es sich bei der, dem Stift „Rasdorf“ durch den Papst Clemens III. im Jahr 1190 erteilten, Bestätigung über den Besitz der Kirche St. Laurentius samt Zubehör im Dorf „Ussine“, um das Usingen im Taunus handele, ist nicht zutreffend. Aus den dabei aufgeführten weiteren Ortsnamen lässt sich zweifelsfrei schließen, dass hiermit das Ussine = „Oechsen“ (bei Vacha) in Thüringen gemeint ist.] 1207 erfolgt die erste urkundliche Erwähnung einer Kirche in USINGEN, anlässlich der Übertragung des Usinger Kirchenpatronates an die Grafen Gerhard und Heinrich von Diez, durch den König Philipp von Hohenstaufen. (Anm.: Hierbei kann es sich nur um die ursprüngliche Kirche im Talgrund handeln, da die Gründungszeit der neuen Siedlung auf der Anhöhe mit dem dortigen Burgbau der Nassauer um 1355 zusammenfällt!) 1326 verkaufte Siegfried von Runkel die Herrschaft Neuweilnau mit dem Dorf USUNGEN an den Grafen Gerlach von Nassau. Die Herren von Nassau erbauten ab 1355 auf der Anhöhe nördlich des Talgrundes des Stockheimer Baches eine 1382 urkundlich genannte Burg und gliederten eine Marktsiedlung daran, die bereits vor 1362 Stadtrechte erhielt. Spätestens dann muss die Umsiedlung der letzten Bewohner aus dem Talgrund erfolgt sein! In diese Zeit des 14. Jh. fällt mit Sicherheit die Errichtung einer ersten, kleinen (romanischen oder schon frühgotischen?) Kirche aus Stein mit dem Patrozinium des heiligen Laurentius. Exakte Lage, Bauform und Ausmaße dieses, als Vorgängerbau des heutigen Gotteshauses auf dem Plateau des weit nach Südwesten vorspringenden Felssporns errichteten, Bauwerkes sind nicht bekannt. Grabungen zur Auffindung von entsprechenden Grundmauern unter der heutigen Kirche wurden bisher nicht vorgenommen. 1341 amtierte der erste bekannte Pfarrer in USINGEN, Nicol de Grunenberg, wohl noch in der Vorgängerkirche "Am alten Kirchhof". 1366 wurden in der neuen Kirche bereits fünf Altäre mit zehn Heiligenverehrungen genannt: 1. Marien-Altar, 2. Maria-Magdalenen-Altar (einschließlich Sankt Georgs-, Sankt Martins- und Katharinen-Altar), 3. „Heilig-Kreuz“-Altar, 4. Sankt Sebastians-Altar (einschließlich Sankt Antons- und Sankt Huberts-Altar), 5. Sankt Valentins-Altar. 1430 berichtet man von einem Kirchweihfest: "Unß kyrmes". 1462 wird bereits ein Glöckner erwähnt, der wahrscheinlich auch schon die Aufgaben eines Schulmeisters versah. 1475 musste die erste steinerne Kirche auf der Anhöhe bereits als "baufällig" bezeichnet werden. Spendern, die sich an den Reparaturkosten beteiligen wollten, wurde ein hunderttägiger päpstlicher Ablass in Aussicht gestellt. Die Gemeinde entschloss sich jedoch wenig später zum Neubau einer größeren Kirche. Die Bauzeit sollte bis mindestens 1517 dauern. Die neue, spätgotische Meßkirche bestand aus einem dreischiffigen Hallenlanghaus mit vier Jochen und einer flachen Decke, die wohl schon von sechs Säulen getragen wurde. Acht kleine, gotische Maßwerkfenster – je vier nach Süden und Norden – gewährten dem Tageslicht Eintritt. Durch einen hohen, gotischen Triumphbogen von der Halle getrennt, schloss sich ein dreiseitiger und sterngewölbter Chor von zwei Jochen an. Sechs gotische Maßwerkfenster, wesentlich höher ausgeführt als die der Halle, erhellten das Chorschiff. Vom Chor aus gelangte man in die angebaute, ebenfalls sterngewölbte Sakristei. Über beiden Schiffen erhoben sich steile Satteldächer. 1518 konnte das Gotteshaus endlich geweiht werden. 1489, an Ostern, begann man mit dem Fundament für den Neubau eines fünfgeschossigen, wehrhaften Kirchturmes vor der Kirchenwestwand. Baumeister war Hans Kolter von Belmont. Der Grundstein mit der Jahreszahl 1490 wurde am Turmfuß im Nordwesten gelegt und darüber jährlich ein quadratisches Geschoss errichtet. Die Fertigstellung erfolgte nach 1495. Laut Vertrag sollte der Turm "...Hundert schu Hoch seyn, von der Erden an, biß vber das Tach...", also rund dreißig Meter hoch werden. Er erhielt zwei spitzbogige Durchfahrten im gewölbten Erdgeschoss nach Süden und Norden und im ersten Geschoss eine Kapelle mit großem, gotischem Maßwerkfenster nach Westen. Je ein kleines, gotisches Maßwerkfenster öffnete sich im fünften Geschoss nach Süden, Osten und Norden. Die übrigen Geschosse erhielten durch schießschartenähnliche Maueröffnungen spärliches Tageslicht. Über allem erhob sich ein spitzer Helm als Bedachung mit Glockenstube und Türmerwohnung. Zum ersten Mal wird urkundlich 1578 ein Türmer erwähnt. Der Zugang zum Turm erfolgte aus dem Kirchenschiff, ein Zugang aus der offenen Turmhalle im Erdgeschoss war nur über Leitern und durch eine Falltüre möglich. 1512/13 erscheint die erste bekannte Usinger Kirchenrechnung. 1518 enthält die Kirchenrechnung Hinweise auf drei Glocken und die Beschaffung eines neuen Glockenseiles, sowie auf das Malen eines Christophorus (üblicherweise im Kircheninneren). 1527 fand die erste reformatorische Predigt durch Henricus Romanus in St. Laurentius statt. Dies führte im folgenden Jahr 1528 zur Einrichtung der ersten dauernden evangelischen Pfarrstelle in Usingen. 1538 lies man im Kirchturm mit Ketten eine deutsche Bibel anschmieden, "...vff das ein ied, wer lust hat darinnen zu lesen, vorfindt ..." . 1613/14 wurde (vermutlich im Chor) die erste Orgel errichtet, 1623 erschien der erste Kirchenbucheintrag, und 1629 führte man vor dem Usinger Rathaus (!) einen großen Glockenguss durch. 1635 fielen Kirche und Turm dem zweiten großen Stadtbrand zum Opfer. Nur die Mauern von Turm, Kirchensüdseite und Chor, sowie die komplette Sakristei, blieben erhalten. 1649/50 begann der Wiederaufbau unter größten finanziellen Schwierigkeiten. Spendensammlungen erfolgten im gesamten Reichsgebiet bis hinunter nach Holland. Aufbauleiter war der nassauische Baumeister Augustus Rumpf. Baumaterialien aus der aufgegebenen Wallfahrtskirche am Landstein (15. Jh.) wie zum Beispiel Säulen, Türlaibungen, Steine und Holz, ja sogar Dachziegel, wurden wiederverwendet. Die Maurerarbeiten für die Halle erfolgten von November 1651 bis Juli 1652 (Schlussstein im NO), einschließlich der Errichtung eines provisorischen Altars und Taufsteins. Die Arbeiten der Zimmerleute dauerten bis August 1652, die Dachdeckerarbeiten bis Mai 1653. Am 10. August 1653, dem Laurentius-Tag, hielt man den ersten Gottesdienst, allerdings nur in der Halle, denn das Dach im Chor konnte erst im September 1654 gedeckt werden. 1657 wurden in die Nord- und Südwand des Schiffes in Deckenhöhe je drei kreisrunde Karniesfenster eingebaut. Auf dem Turm fertigte man die Dachkonstruktion, bestehend aus Glockenstube, Türmerwohnung und Haube, unter Verwendung von Holz aus den Wäldern bei Hundstadt und stellte die Dachbedeckung aus Steinschiefer von Anspach bis circa 1657 fertig. Neben Altar und Taufstein gehörten damals zur neuen Innenausstattung von Kirche und Turm (hier in zeitlicher Reihenfolge genannt) die 1653 gestiftete Kanzel, zwei hölzerne Emporen von 1662, eine 1664 auf der Nordempore errichtete Orgel und ein Glockenstuhl mit zwei (allerdings gebrauchten!) Glocken von 1667. 1659 wurde USINGEN zur Residenz der Grafschaft Nassau-Usingen (bis 1744) und die Stadtkirche so zur Hofkirche. Sie diente ab dieser Zeit zur Grablege für das Usinger Fürstenhaus, dazu wurden mehrerer Gruften eingerichtet. 1687 versetzte man die Orgel in den Chor auf eine dafür neu eingebaute Empore. 1690 wurden drei neue Glocken, 1699 ein neuer Altar und ein neuer Taufstein angeschafft. 1717/18 ließ man eine neue, große Orgel im Chor erbauen, 1723 erschien das erste bekannte Kirchenstuhlregister und 1775 wurde vor der Südwand des Chores eine neue Fürstengruft (die letzte) fertiggestellt. 1917 und 1942, in den beiden Weltkriegen, mussten die Glocken abgegeben werden, die älteste (von 1699) durfte jeweils auf dem Turm verbleiben. 1945 wurde der Turm durch Kriegseinwirkung beschädigt, dabei ging auch noch die letzte Glocke verloren. 1952 war die Gemeinde erst wieder dazu in der Lage, sich ein neues, vierstimmiges Geläut aus Gussstahlglocken anzuschaffen. Umfangreiche Kirchen- und Turmrenovierungen erfolgten in den Jahren 1838, 1889 (außen), 1900, 1958 und 1965. 1972 wurde die Orgel erneuert und erweitert (1993/94 instandgesetzt) und 1990 konnte der Glockenstuhl renoviert werden. Eine dringend notwendig gewordene, aufwändige Turmsanierung in den Jahren 2006/07 forderte den finanziellen Aufwand von nahezu eine halben Million Euro! Quellen: Archivalien: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden – Stadtarchiv Usingen – Ev. Kirchenarchiv Usingen Veröffentlichungen von: Paul Bohris, Georg Dehio, Fritz Dienstbach, Helmut Fritz, Rudi H. & Martha Kaethner, Rüdiger Kurth, Friedrich Schneider, K. Weidemann, Günther Wengenroth. |
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